Die Art, wie solche politischen/gesellschaftsbezogenen Diskussionen
(das setze ich mal ausdrücklich nicht in Anführungszeichen) hier zum Teil laufen,
ist einer der Gründe, weshalb ich mich an dem insgesamt tollen Forum nicht mehr
so recht aktiv beteiligen mag.
Ich persönlich glaube nicht, dass es reiner Protest ist, der
die Leute dazu gebracht hat, AfD zu wählen. Genauso wenig, wie die Wählerschaft
der AfD eine homogene Gruppe darstellt, so wenig sind die Parteimitglieder eine
homogene Gruppe. Das sind auch nicht durch die Bank Dummbatze. Den Dummbatzen innerhalb
der AfD – und damit meine ich Personen wie Herrn Höcke, deren Anblick bei mir
mittlerweile ausreicht, um zumindest etwas Ähnliches wie Übelkeit hervorzurufen
- ist es allerdings gelungen, die Außendarstellung der Partei (und auch das
Programm) zu dominieren. Dazu gehört auch, dass auch eher gemäßigte
Parteimitglieder mittlerweile überwiegend Schwachsinn absondern.
Geholfen haben den Dummbatzen dabei aus meiner Sicht auch die
anderen Parteien und auch die sogenannten Mainstreammedien, weil die eben nicht
einmal den Versuch unternommen haben zu differenzieren. Überzeichnetes
Beispiel: Einer aus der AfD versteigt sich zu der abenteuerlichen Behauptung, dass
2x2=4 ist. Wenn man dann sagt, dass man viele Positionen der AfD nun wirklich
nicht teilt, dass das aber wohl zutrifft, kommt aus bestimmten Kreisen der
Aufschrei, dass man eine Position der AfD teilt und sie damit salonfähig macht.
Zum einen ist das absurd und zum anderen ist das eine Art
von Ausgrenzung, die die Stärke der AfD perpetuiiert, weil diejenigen Wähler,
die die AfD deshalb gewählt haben, weil sie sich und ihre Ängste und Sorgen (ob
die objektiv berechtigt oder unberechtigt waren/sind, ist da dann ziemlich egal)
bei den anderen Partei nicht in der gewünschten oder erhofften Weise
repräsentiert sahen/sehen, sich tatsächlich ausgegrenzt fühlen und in eine Jetzt-erst-recht-Stimmung verfallen.
Ausgrenzung von Mitgliedern eines Gemeinwesens dürfte nur
selten zu einer gesamthaften Stärkung führen.
Damit kein Missverständnis entsteht: Mit ewig gestrigen
Marktschreiern (wie z.B. Herrn H.) und ihren ewig gestrigen Anhängern muss man
seine Zeit nicht vertun. Es hat keinen Zweck. Damit muss man leben. Man sollte
aber versuchen zu verhindern, dass diese Marktschreier dadurch unnötig Zulauf
bekommen, dass man andere in deren Wagenburg lenkt. Das gelingt nur mit
Differenzierung und nicht mit Ausgrenzung.
Was passiert, wenn Marktschreier und Bauernfänger die
Oberhand gewinnen, sieht man innerhalb der EU u.a. in Ungarn und in Polen. Auch
die Abstimmung über den Brexit ist so ein Beispiel. Und wir können alle dankbar
sein, dass es Herr Macron bislang geschafft hat, Frau Le Pen an der Spitze
Frankreichs zu verhindern. Damit auch dort kein Missverständnis entsteht: Herr
Macron hat bislang wahrscheinlich nicht alles richtig gemacht, zumal unsere
französischen Nachbarn doch etwas mehr zur Renitenz neigen als der deutsche
Michel. Er scheint mir aber durchaus lernfähig zu sein und hat aus meiner Sicht
viel klarer als so mancher deutsche Politiker erkannt, wie wichtig zumindest
mittel- und erst recht langfristig die europäische Union für unser aller
Wohlergehen ist.
Mit einer Rückkehr zu mehr Nationalstaat wird die Zukunft
dunkler als sie ohnehin schon werden könnte.
Natürlich beinhaltet das Gebilde EU Fehler. Es ist dringend
erforderlich, Einiges neu aufzustellen, damit Europa gegenüber China und den
USA eine Chance hat. Warum wohl finden die in der Trump-Administration den
Brexit so geil? Weil das dort Menschenfreunde und Erzdemokraten sind? Nein,
weil es Europa als Wirtschafts- und Machtfaktor schwächt und man mit
Einzelstaaten noch ganz anders umspringen kann, als es Trump derzeit ohnehin
schon versucht.
Trump fordert (IMHO schon deshalb zu Recht, weil man sich
dazu verpflichtet hat) von einigen Natostaaten höhere Wehretats. Kaum kommen
die Europäer ein wenig damit voran, etwas für eine europäische Armee
anzuschieben, passt es ihm nicht, weil eine europäische Armee bedeuten würde,
dass der Großteil der Wehretats der einzelnen Länder nicht mehr zu einem guten
Teil verpufft, sondern die Europäer in die Lage versetzen würde, mit deutlich weniger
Geld, als bisher verbraten wird, etwas erheblich Besseres auf die Beine zu stellen
und nicht mehr unbedingt auf die USA angewiesen zu sein.
Die USA hauen jährlich fast 700 Milliarden für ihre Armee
raus. Die Mitgliedstaaten der EU in der Summe wahrscheinlich irgendetwas
zwischen 300 und 400 Milliarden und damit mehr als China und Russland zusammen
(die bösen und supergefährlichen Russen geben für ihre Armee übrigens ungefähr
1/10 dessen aus, was die Amis aufwenden). Würde die EU für eine europäische
Armee 200 bis 250 Milliarden ausgeben, hätte die EU zumindest mittelfristig
eine Armee, die über alle erforderlichen Fähigkeiten verfügt, um andere von
Unsinn abhalten zu können. Mit den dann 100 – 150 Milliarden, die damit
gegenüber dem jetzigen Zustand übrig wären, könnte man eine Menge Gutes für die
Bürger der EU anschieben.
Für das alles braucht es allerdings eine wirkliche Reform
der EU. Die wird man aber mit den erklärten Gegnern einer wirklichen EU, den
Spaltern und Abspaltern, nicht hinbekommen. Und ja, eine wirkliche EU heißt
auch, dass die Stärkeren die Schwächeren unterstützen, was zumindest derzeit
noch bedeuten würde, dass wir den wirtschaftlich schwachen Ländern (und mögen
sie es auch selbst verschuldet haben) finanziell unter die Arme greifen müssen.
Vielleicht sind in ein paar Jahren auch wir mal in der Situation, in der wir
auf Hilfe Stärkerer angewiesen sind. Im Länderfinanzausgleich funktioniert so
etwas letztlich auch.
Es gibt sicherlich kein Patentrezept. Vor allem gibt es in
einer immer komplexeren Welt wohl nur selten einfache Lösungen. Und irgendwer
wird sich immer mehr oder weniger benachteiligt fühlen (teils zu Recht, teils
vielleicht nicht zu Recht). Eine zunehmende Zahl von eher nüchternen Politikern
hat mittlerweile durchaus erkannt, dass man mit einer Fortsetzung des Gewurschtels
die Menschen nicht erreicht.
Mit stark rechten oder stark linken Spinnereien wird man die
Zukunft indes mit Sicherheit nicht bestmöglich gestalten können.
Das was vor uns liegt, erfordert Ehrlichkeit, Nüchternheit,
Mut, Engagement und auch die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen.
Überlegt gut und nüchtern, was in Europa trotz der vielen bislang
ungenutzten Verbesserungsmöglichkeiten (derzeit immer noch) besser ist, als in
anderen Regionen der Welt (ich meine, dass das eine ganze Menge ist). Überlegt
gut, ob ihr das aufs Spiel setzen wollt. Überlegt gut, ob diese Bundesrepublik trotz
mancher Korrekturbedürftigkeit im Detail nicht doch das beste real existierende
staatliche Gebilde ist, das jemals auf deutschem Boden existiert hat.
Es gäbe unzählige Themen, die man noch beleuchten könnte.
Fehler in vielen Bereichen, aber auch Gutes in vielen Bereichen. Zu den
Kritikern dessen, was 2015 und 2016 (Stichwort: Migration) passiert ist, möchte
ich nur kurz sagen, dass ihr in Teilen zu Recht Kritik übt. Aber auch da hilft
nur Differenzierung. Und vor allem: Die Leute sind jetzt nun einmal hier; viele
werden auch in zehn Jahren noch hier sein. Wie wäre es, dieses Faktum zur
Kenntnis zu nehmen und einfach zu versuchen, aus der Situation, so sehr man sie
auch kritisieren mag, das Beste zu machen?
Engagiert Euch! Geht wählen! Und überlasst die Gestaltung
der Zukunft nicht denjenigen, die nur vorgeben, Eure Interessen vertreten zu
wollen!
Bis dann mal