Ein kleiner Micra auf großer Tour

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  • … ein Bericht aus der Sicht eines Autos. :wink:


    Es ist Februar 2022, nach längerem Schlaf werde ich wieder mal geweckt und bewegt aber irgendwas ist komisch. Wer bewegt mich da? Mamma ist es nicht, sie ist schon vor 2 Jahren von uns gegangen aber Papa ist es auch nicht. Er hat mich im letzten halben Jahr auch kaum noch bewegt. Oh, Ok es ist die Tochter und ihr Mann…


    Ich darf jetzt nicht mehr in der Garage schlafen und die Straße wo ich jetzt bin ist auch eine Andere. Ich habe mitgekriegt dass Papa auch verstorben ist. Das ist traurig, er hat sich doch so gut um mich gekümmert. Na hoffentlich sind meine neuen Eltern auch so gut zu mir.


    Im Juni muss ich zum bösen TÜV Onkel, der rüttelt überall rum, guckt mir dahin wo die Sonne nicht scheint und klebt mir eine neue Plakette. Puh wieder zwei Jahre Ruhe dachte ich in meinem jugendlichen Leichtsinn. Immerhin habe ich in meinen 12 Jahren gerade mal 28.000km gefahren. Trotzdem musste mein neuer Papa meine Querlenker tauschen. Bei dem ganzen Gefluche habe ich was von vorsichtshalber, besser jetzt als später verstanden. Naja er wird’s schon wissen. Frisches Öl und Filter wurden gewechselt. Eine Handyhalterung und eine Dashcam habe ich auch noch zum Trost eingebaut gekriegt. Neue Besen kehren gut oder wie lautete das Sprichwort…


    Mittlerweile ist es der 13. Oktober 2022. Was ist jetzt schon wieder los… Meine Rückbank wurde umgeklappt, und ich wurde vollgestopft bis zum Dach. Und noch viel schlimmer, auf dem Dach habe ich auch eine Tasche aufgeladen bekommen. Was haben die vor?


    Jetzt packen die schon wieder was aus… und dafür Kanister mit Benzin ein. Die französischen Tankstellen haben evtl. kein Sprit habe ich gehört. Was interessieren mich die französischen Tankstellen???


    Mitten in der Nacht werde ich geweckt und es geht los.


    Wir fahren Richtung Süden, umfahren Luxemburg weil man da keine Kanister mitführen darf, und ich werde kurz vor der französischen Grenze noch einmal aufgetankt. Das Wetter ist ziemlich regnerisch und so gibt es auch nicht viele Fotos. Augen zu und durch lautete wohl das Motto.


    Nach einem schnellen Mittagessen bei einer Fastfoodkette sollte ich auch etwas zu trinken bekommen, die Tankstellen in den Orten hier waren allerdings geschlossen. So hat mein Papa einen großen Kanister geleert und mich zufrieden gestellt. Das Wetter wird langsam besser.



    Am Abend haben wir ein Hotel in Orange angefahren. Ich durfte auf dem abgeschlossenen Hotelparkplatz übernachten.



    Das war eine lange Etappe. Ruhrgebiet – Saarlouis – (Grenzübergang zu Frankreich) – Metz – Dijon - Lyon – Orange. 1050 km


    Hoffentlich sind wir bald da.

  • Am nächsten Morgen geht’s wieder los… Weiter Richtung Südwesten. An Montpellier vorbei und einen langen Anstieg hinauf nach La Jonquera. Endlich sind wir aus diesem Frankreich und seinen Streiks in Raffinerien raus. Erstmal tanken. Und wir haben einen neuen Mitfahrer.


    Unser Ziel lautet Calp(e), noch nie gesehen oder gehört. Egal, das Wetter ist gut der Verkehr ist überschaubar und die Autobahn in gutem Zustand. Die Rastplätze sind auch überdacht, Klos kostenlos und meist sauberer als in Deutschland.


    Um Barcelona und Valencia herum wird es etwas voller aber kein Vergleich zu den Autobahnen in NRW.

    In Calp fahren wir zu Freunden meines Papas, da darf ich auf deren Grundstück parken und mich ausruhen. Nach 950km habe ich mir eine längere Pause verdient. Ob wir schon angekommen sind? Was dagegen spricht… ich wurde nur teilweise entladen. Meine Eltern schlafen in einer Ferienwohnung der Freunde.


    Wann sind wir endlich da???


    Heute fahren wir ein bisschen in Calp herum, nachdem meine Eltern morgens den Sonnenaufgang gucken wollten.






    Das war interessant, mal was Neues gesehen. Ich wurde schon wieder betankt und wieder vollgeladen. Ich ahne es… heute Nacht geht’s wieder los.

  • Und so war es auch. Um 2:00 Nachts geht’s los. Es ist stockdunkel, keine Mensch auf der Autobahn unterwegs. Die Rastplätze sind alle geschlossen. So fahren wir der Müdigkeit trotzend weiter Richtung Cadiz. Die Autobahnen sind frei, die Mautstationen an denen wir vorbeifahren abgebaut und ab 6-7 Uhr kann man auch mal auf ein geöffnetes Klo hoffen.




    „Puerto de Cadiz“ ey, was haben die vor? Das klingt so nach Hafen.


    Tatsächlich… Nach ein bisschen herumirren im Hafen hat man die Schlange gefunden. Das ist etwas chaotisch, keiner weiß so recht wohin aber am Ende geht’s immer irgendwie weiter.



    Nachdem wir irgendwann aus der ersten Schlange durch eine Zoll/Guardia Civil Kontrolle fuhren wurden wir von Einweisepersonal je nach Ziel auf verschiedene Warteschlangen aufgeteilt. Und langsam „durfte“ also besser gesagt musste ich aufs Schiff.






    Papa musste einmal den Anweisungen des Personals folgend drehen und knapp einparken.


    Ich musste immerhin nicht ganz nach oben aufs Deck sondern durfte im Inneren bleiben. Meine Eltern sind mit dem Handgepäck nach Innen Verschwunden und ich hatte jetzt wieder meine Ruhe.


    Es war die kürzeste aber für den Fahrer anstrengendste Etappe. Schlechter und zu wenig Schlaf, lange Fahrt auf dunklen leeren Autobahnen. Calp - Murcia - Granada - Cadiz. 700km

  • Oben auf dem Deck geht es sehr eng zu. Zuletzt dürfen die reinfahren die nach Lanzarote fahren, davor die nach Fuerteventura usw.


    Nach ca. 30h geht es wieder los. Vor ein paar Stunden haben wir angelegt, da sind einige Autos runtergefahren. Dann gab‘s einen kleinen Sprung von Lanzarote nach Fuerteventura und da kommen schon meine Eltern wieder. Handgepäck wieder rein, und es geht nach kurzem warten runter vom Schiff.



    Gegen Mitternacht sind wir scheinbar endlich an unsrem Ziel angekommen, meine Eltern laden alles aus. Leider konnte ich noch gar nicht die Gegend bewundern es ist ja alles stockdunkel.


    Ja wir sind endlich da. Freitag um 3:00 los - Mittwoch um 23:50 angekommen.

  • Am nächsten Tag fahren wir ein bisschen durch die Gegend. Es ist alles so anders als im Ruhrgebiet.




    Der weite Blick hier ist der Hammer. Es ist zwar alles irgendwie ein bisschen trocken und karg aber trotzdem schön.




    Ok der Staub nervt, vor allem da meine Eltern scheinbar kein Problem damit haben über Schotterstrecken zu fahren. Oder gar über Wege die kaum noch Wege sind.



    Heute, 24. Oktober, wurde es ganz komisch… Mein Papa hat mich einem fremden Mann übergeben, der ist mit mir zu einem anderen bösen ITV Menschen gefahren. Ihr könnte es euch denken, er hat an mir rumgewackelt, dahin geschaut wo die Sonne nicht hinscheint und ein komisches Formular ausgefüllt. Ich habe keine Ahnung was das soll. Immerhin bin ich jetzt wieder bei Papa und Mama und sehe ein Strand aus der Nähe. Und ein Felsentor, sieht auch nicht Jeder.


  • Heute wurde es ja so richtig holperig… Ewigkeiten nach Süden gefahren, dann wurde die Straße wieder zu einer Schotterpiste mit mehr oder weniger vielen Schlaglöchern. Oben auf dem Kamm durfte ich dafür eine einmalige Aussicht genießen.



    Meine Eltern haben‘s aber mit der Aussicht. Da wurde mir schon recht schwindelig manchmal.




    Im Januar 2023 hat mein Papa meine Schilder abgebaut. Ich hatte schon Angst dass ich verkauft werde, aber alles halb so schlimm. Ich habe neue spanische Schilder bekommen.


    Es ist anders hier, viel ruhiger aber auch viel staubiger. Dafür darf ich hier Orte sehen die viele nicht sehen durften und habe einen Sternenhimmel der seinesgleichen sucht.



    Dass mein Papa mich über solch eine „Straße“ gefahren ist nehme ich ihm schon übel… Auch wenn Google Maps behauptet das sei eine Straße.


    Ups verfahren...
    Google Maps zeigte da eine Straße an...
    youtu.be


    Mittlerweile ist es der 23.Oktober 2023 und Freitag werde ich wieder zum ITV fahren. Ich muss hier scheinbar wegen meines Alters jeder Jahr zur Prüfung. Dafür kostet sie hier auch nur 40€ und nicht 145€ wie in Deutschland.


    ITV habe ich problemlos bestanden. Mehr Probleme hatte mein Papa zu verstehen was einem der komische Mann da aus der Grube unter mir zubrüllt. Irgendwie hat er es aber scheinbar richtig gedeutet. Nachdem ich auf den komischen Rüttelplatten durchgeschüttelt und meine ähm "Abgase" gemessen wurden gab's ein neuen Aufkleber.


    Heute habe ich dafür einen korrekt krassen Sonnenuntergang gesehen:



    Viele Grüße und ich hoffe ihr hattet Spaß beim Lesen.

    Ein kleiner Micra auf Fuerteventura

  • Tolle Geschichte, schön geschrieben! Ich wünsche euch und eurem Micra weiterhin viel Freude am neuen Wohnort <3